Aktienerwerb in Russland

Beim Erwerb von russischen Wertpapieren, darunter Aktien, sollte der ausländische Investor beachten, dass der Wertpapiererwerb nicht nur mit dem Abschluss eines entsprechenden Vertrages und der Übergabe des Geldes für Wertpapiere, sondern auch mit der Einhaltung eines bestimmten Verfahrens bezüglich des Rechtsübergangs auf solche Wertpapiere verbunden ist. Mit dem vorliegenden Artikel wollen wir einen kurzen Überblick über den Vorgang des Aktienerwerbs und der Registrierung des Rechtsübergangs an Aktien in Russland geben. Wir weisen auch kurz Besonderheiten auf, durch die die Ausgabe von ausländichen Aktien in Russland begrenzt werden.
Arten von Aktien
Eine Aktie ist ein Emissionswertpapier, welches das Recht seines Besitzers (Aktionärs) auf Erhalt eines Anteils am Gewinn einer Aktiengesellschaft in Form von Dividenden, auf Teilnahme an der Leitung der Aktiengesellschaft und auf einen Teil des Vermögens, das nach ihrer Liquidation verbleibt, verbrieft. Aktien sind Namenswertpapiere (Artikel 2 Bundesgesetz vom 22. April 1996 N 39-FS „Über den Wertpapiermarkt“ (weiter: „Das Gesetz über den Wertpapiermarkt“)).
Gemäß Artikel 25 des Bundesgesetzes vom 26. Dezember 1995 N 208-FS „Über Aktiengesellschaften“ unterscheidet man zwischen gewöhnlichen Aktien und Vorzugsaktien.
Die gewöhnliche Aktie räumt dem Aktionär das Recht ein, die Hauptversammlungen der Gesellschaft zu besuchen und dort abzustimmen, aber auch das Recht auf Dividendenauszahlung sowie – im Falle der Liquidation- das Recht auf Erhalt von Vermögensanteilen.
Die Vorzugsaktie bietet ihren Besitzern kein Stimmrecht in der Hauptversammlung, es sei denn, die Satzung der Gesellschaft oder das Gesetz sieht etwas anderes vor. Dafür haben die Besitzer dieser Aktien ein Recht auf eine festgelegte Dividende und den Erhalt eines festgelegten Vermögensanteils, der bei der Liquidation der Gesellschaft zugeteilt wird.
Russische Kapitalgesellschaften haben meistens gewöhnliche Aktien. In einigen Fallen werden Vorzugsaktien ausgegeben, wenn ausländische Investoren sich nur an Dividende und kein Stimmrecht in der Hauptversammlung interessieren. Z.B. Vorzugsaktien gibt es in solchen großen Gesellschaften wie Sberbank, Svjasinvest, Transneft usw.
Das Verfahren des Aktienerwerbs
Ausländische Personen haben i.d.R. das Recht, Aktien russischer Firmen zu erwerben. In der russischen Gesetzgebung gibt es allerdings Ausnahmen bei Aktien von Banken und Versicherungsfirmen.
Ein ausländischer Investor sollte beim Erwerb von Aktien russischer Firmen beachten, dass der Aktienverkauf bis zur vollständigen Bezahlung durch den Aktionär bei ihrer Ausgabe, aber auch bis zur staatlichen Registrierung eines Berichts über die Ergebnisse der Ausgabe verboten ist (Artikel 27.6 Gesetz über den Wertpapiermarkt).
Auch wenn die Ausgabe von Aktien entsprechend der Gesetzgebung registriert wurde, sollte der Aktienkäufer sich unbedingt vergewissern, dass der Inhaber alle Rechte an den Aktien hat.
Die Rechte an Aktien werden durch die Führung eines Registers bescheinigt. Die Rechte werden entweder auf persönliche Konten bei den Registerhaltern oder, im Fall der Erfassung der Rechte an Wertpapieren in Depositars, auf Depotkonten in Depositars eingetragen. (Artikel 28 Gesetz über den Wertpapiermarkt).
Nachdem sich der Käufer vergewissert hat, dass die Aktien dem Inhaber gehören, wird ein Vertrag unterzeichnet. Der Übergang der Rechte an den Aktien auf den neuen Eigentümer muss unbedingt registriert werden. Fehlt die Registrierung, dann ist es dem Investor nicht möglich, über die Aktien zu verfügen und Dividenden zu erhalten.
Kaufvertrag auf Aktien
Aktienkauf erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags. Der Vertrag kann nach russischem oder ausländischem Recht abgeschlossen. Im Fall des russischen Rechts muss der Vertrag eine ausführliche Beschreibung von Aktien: Art, Registernummer, Emittent, Aktieninhaber usw. Der Kaufvertrag kann als nichtig anerkannt werden, wenn eine aus o.g. Angaben fehlen kann. Im Fall des ausländischen Rechts, nach dem die zahlreiche Angaben im Vertrag nicht notwendig sind, ist der Vertrag gültig. Nach dem Art. 1210 Abs. 1 des russischen Zivilgesetzbuches dürfen Vertragsseiten ein anwendbares Recht zum Vertrag bestimmen. Das Recht ist deswegen zum Entstanden und Auflösung des Eigentumsrechts und anderen sichtliche Rechte ohne Verletzung der Rechte von Dritten anwendbar.
Die Registrierung des Rechtsübergangs an Aktien
In Russland werden folgende Rechte an Aktien registriert:
– Eigentumsrecht
– Treuhandverwaltung
– Pfand und
– nominelle Wertpapierhaltung.
Dementsprechend kann eine Person, die Wertpapiere erwirbt, als Besitzer, Treuhandverwalter, Pfandinhaber und als Nominalinhaber auftreten.
Ein Besitzer ist eine Person, die Wertpapiere aufgrund Eigentums- oder anderem Sachenrecht besitzt. Ein Treuhandverwalter ist eine Person, der die Treuhandverwaltung von Wertpapieren, die ihm für bestimmte Zeit übergeben wurden und im Eigentum eines anderen stehen, übernimmt. Ein Pfandinhaber ist ein Pfandgläubiger, auf dessen Namen das Pfand an den Wertpapieren ausgestellt wurde. Ein nominale Wertpapierhalter ist ein Depositar, der als Wertpapierhalter in Erscheinung tritt und im eigenen Namen handelt, aber die Interessen eines anderen wahrnimmt.
Der Einsatz eines nominalen Wertpapierhalters wird im Wertpapierhandel an der Börse, bei einer öfteren Rechtsübertragung an Aktien notwendig. In diesem Fall werden ins Register Informationen über den nominalen Wertpapierhalter eingetragen, aber die Niederschrift über die wirklichen Aktionäre erfolgt durch einen Depositar – nominalen Wertpapierhalter auf dem Depotkonto in solchem Depositar. Auf den Depotkonten erfolgt die Umregistrierung um einiges operativer als in einem Aktionärsregister.
Dass bei einer Wertpapierregistrierung eines nominalen Wertpapierhalters in einem Aktionärsregister nur auf den nominalen Wertpapierhalter hingewiesen wird, heißt nicht, dass die wirklichen Aktionäre immer vertraulich behandelt werden. In bestimmten Fällen, so etwa für die Aufstellung von Listen für die Auszahlung der Dividenden oder für die Teilnahme an Hauptversammlungen, muss der nominale Wertpapierhalter dem Registrator Informationen über die Personen, in dessen Interessen er die Aktien hält, zur Verfügung stellen. Der nominale Wertpapierhalter von Wertpapieren kann für die Zurückhaltung von benötigten Informationen verwaltungsrechtlich oder zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Ort der Registrierung
Der Rechtsübergang an Aktien kann die wertpapierausgebende Gesellschaft, der Registrator oder Depositar registrieren.
Eine Aktiengesellschaft hat das Recht, selbständig die Aktienregistrierung als Aktionärsregister zu führen, wenn die Anzahl der Aktionäre 50 nicht übersteigt.
In einer Gesellschaft mit mehr als 50 Aktieninhabern muss das Aktionärsregister von einem unabhängigen Registrator geführt werden. Diese Maßnahme wurde geschaffen, um eigenmächtige Veränderungen des Registers durch die Firma als Ergebnis von Mißbräuchen der Mehrheitsaktieninhaber oder der Direktoren, die in eigenen Interessen handeln, auszuschließen. Der Registrator ist ein professioneller Teilnehmer des Wertpapiermarktes, der die Registerführung der Wertpapierinhaber auf Grundlage eines Vertrages mit der Gesellschaft übernimmt (Art. 8 Gesetz über den Wertpapiermarkt). Informationen über einen unabhängigen Registrator, der das Aktionärsregister der Gesellschaft führt, kann man bei der AG selbst bekommen. Der unabhängige Registrator besitzt die Lizenz eines professionellen Teilnehmers des Wertpapiermarktes, die durch das Föderale Amt des Finanzmarktes ausgestellt wird. Der Registrator hat kein Recht, irgendeine andere Tätigkeit anzunehmen.
Wenn die Aktionäre nicht unmittelbar in einem Aktionärsregister registriert werden wollen, können sie einen Depositar ernennen. Der Depositar ist ein professioneller Teilnehmer des Wertpapiermarktes, der die Aufgaben der Wertpapieraufbewahrung, ihrer Führung sowie den Rechstübergang an diesen Papieren übernimmt (Artikel 7 Gesetz über den Wertpapiermarkt). In diesem Fall werden die Informationen über die reallen Aktionäre auf Depotkonten des Depositars- nominalen Wertpapierhalters geführt.
Dokumente, die für die Registrierung benötigt werden
Für die Registrierung des Rechtsübergangs an Aktien sollte der Investor dem Registrator den Originalvertrag, der den Rechtsübergang bestätigt, vorlegen und einschlägige Formblätter des Registrators ausfüllen. Zu diesen Formblättern gehören ein Antrag und eine Verfügung über den Rechtsübergang an Aktien. Außerdem sollten in Ausnahmefällen die Gründungsdokumente der Gesellschaft-Aktiekäufer, ein Nachweis über ihre Registrierung sowie über die Personen, die berechtigt wurden, Dokumente im Namen des Investors zu unterzeichnen sowie eine Unterschriftenvollmacht vorgelegt werden.
Die Gesamtliste der Dokumente, die der Investor für den Eintrag des Rechtsübergangs an Aktien im Einzelfall benötigt, sowie die Vorschriften für die Ausfüllung dieser Dokumente sind im Voraus bei der Person zu erfragen, die die Registrierung des Rechtsübergangs an Aktien vornimmt.
Der Zeitpunkt des Rechtsübergang an Aktien
Das Recht an einem dokumentlosen Namenswertpapier – Aktie, geht an den Erwerber über:
– im Fall der Erfassung der Rechte an den Wertpapieren bei einem Depositar – zum Zeitpunkt der Vornahme der Eingangseintragung auf das Depotkonto des Erwerbers;
– im Fall der Erfassung der Rechte an den Wertpapieren bei einem Registrator – ab dem Zeitpunkt der Vornahme der Eingangseintragung auf das persönliche Konto des Erwerbers;
Die durch ein Emissionswertpapier verbrieften Rechte gehen auf ihren Erwerber mit dem Übergang der Rechte an diesem Wertpapier über. (Artikel 29 Gesetz über den Wertpapiermarkt).
Die Bezahlung der Registrierung
Im Falle der Registerführung durch eine aktienherausgebende Firma wird für die Registrierung des Rechtsübergangs an Aktien kein Geld verlangt. Die Bezahlung an einen Depositar ist nicht sehr hoch. Fragen über Kosten treten vor allem bei der Registrierung durch einem Registrator auf.
Ein Registrator hat gemäß des russischen Gesetzes über den Wertpapiermarkt das Recht, für seine Dienstleistungen eine ausgehandelte Summe zu verlangen. Ungeachtet dessen haben Registratoren lange Zeit eine Bezahlung für ihre Dienstleistungen verlangt, die vom Wert des Aktiengeschäfts abhing. Auf diese Art konnten die Registratoren im Falle der Registrierung eines großen Aktienpakets für eine einfache Eintragung viel Geld verlangen. Es sind Fälle bekannt, wo Registratoren fast 500.000 Dollar forderten. Im Jahr 2002 hatte das Oberste Gericht der Russischen Föderation in einer vorliegenden Beschwerde die Praxis der Registratoren als gesetzeswidrig betrachtet. Trotz dieser Entscheidung verlangen einige Registratoren allerdings immer noch eine Bezahlung abhängig vom Wert der zu registrierenden Wertpapiere.
Die Bestätigung der Registrierung
Als Bestätigung der Registrierung gilt die Eintragung über den Rechtsübergang an Aktien in das Aktionärsregister oder auf Depotkonto in Depositaren. Der Person, die Aktien besitzt oder verwaltet, wird ein entsprechender Auszug des Aktionärsregister oder des Depositarkontos überreicht. Wenn Aktien vom Treuhänder übergeben werden, sind neben einer Registrierung auch das Recht des Treuhänders auf Aktienveräußerung zu prüfen. Gemäß der russischen Gesetzgebung hat ein Treuhänder nur dann das Recht, Aktien zu veräußern, wenn dies im Vertrag zwischen ihm und dem Eigentümer vorgesehen ist.
Zwangsverwirklichung der Registrierung
Was soll man machen, wenn der Vertrag über den Rechtsübergang an Aktien geschlossen ist, aber der Registrator sich weigert, eine Eintragung ins Register vorzunehmen? In diesem Fall eine Klage beim zuständigen Gericht einzureichen mit dem Klageantrag, die andere Vertragspartei zur Vorlage aller Dokumente bei dem Registrator und den Registrator zur entsprechenden Eintragung zu verurteilen.
Devisenregelung
Der Handel mit russischen Wertpapieren muss in Übereinstimmung mit den strengen Normen der russischen Devisengesetzgebung erfolgen. Auf Grundlage von Artikel 8 III Nr. 5 und VI Nr. 2 des Föderalgesetzes „Über die Devisenregulierung und -kontrolle“ vom 10.12.2003 (im weiteren „Gesetz über die Devisenkontrolle“) hat die Zentralbank der Russischen Föderation das Recht im Vorfeld des Aktienerwerbs eines außländischen Investors, die Benutzung eines gesonderten Kontos für diese Transaktion sowie die Reservierung einer Summe von bis zu 20% des Geschäfts auf bis zu einem Jahr zur Auflage zu machen.
Umlauf ausländischer Aktien
Der Umlauf ausländischer Aktien ist in Russland in der Praxis noch nicht möglich. In Übereinstimmung mit der russischen Gesetzgebung ist der Umlauf ausländischer Aktien nur unter Erfüllung folgender Bedingungen möglich:
– der Abschluß eines entsprechenden Abkommens zwischen dem russischen und ausländischen Staat
– die Rechtserfassung von ausländischen Wertpapieren in einem russischen Depositar und
– die Registrierung einer Ausgabe ausländischer Aktien beim Föderalen Amt für den Finanzmarkt, die die Registrierungsordnung aber noch nicht verankert hat.
Ungeachtet dieser Restriktionen erwerben russische Firmen und natürliche Personen ausländische Wertpapiere, die im Ausland umgelaufen werden. Im Einzelnen können russische natürliche Personen ausländische Wertpapiere erwerben, die 150.000 US-Dollar nicht übersteigen (Artikel 8 IX Gesetz über die Devisenkontrolle). Russische juristische Personen erwerben ausländische Wertpapiere über russische Banken, für die es keine Beschränkungen bei diesem Wertpapierhandel gibt.

von Andrey Nikischenko,
01.08.2006